Die Aufforderung zur Vorlage der Unterlagen i.S. des § 200 Abs. 1 AO nebst der Androhung der Festsetzung eines Verzögerungsgelds und die anschließende Festsetzung des Verzögerungsgelds sind Verfahrenshandlungen im Rahmen der Außenprüfung und folgen damit der örtlichen Zuständigkeit für die Außenprüfung selbst. Letztere ist ein Vorgang des Besteuerungsverfahrens, weshalb sich die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 17, 18 ff. AO richtet. Maßgebend für die Zuständigkeit für die Außenprüfung sind die Umstände im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung.
Für die gesonderte Feststellung der Einkünfte und die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ist das Finanzamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich sich die Geschäftsleitung befindet (§§ 18 Abs. 1 Nr. 2, 20 Abs. 1, 22 Abs. 1 AO). Für die Umsatzsteuer ist das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk aus das Unternehmen ganz oder vorwiegend betrieben wird (§ 21 Abs. 1 AO), was in der Regel der Ort der Geschäftsleitung sein wird.
Im Streitfall besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, dass das Finanzamt für die Außenprüfung, die sich auf die gesonderte Feststellung, die Gewerbesteuer und die Umsatzsteuer erstreckte, im Zeitpunkt des Erlasses der Prüfungsanordnung vom 08.10.2008 örtlich zuständig war.
Die Zuständigkeit des Finanzamt ist auch nicht während des Verfahrens auf das Finanzamt F übergegangen. Ändern sich die die Zuständigkeit begründenden Umstände, wechselt nach § 26 Satz 1 AO die Zuständigkeit in dem Zeitpunkt, in dem eine der betroffenen Finanzbehörden hiervon tatsächlich erfährt. Ein Kennenkönnen oder Kennenmüssen genügt für einen Zuständigkeitswechsel nach § 26 Satz 1 AO nicht. Die Vorschrift verlangt aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität überschaubare, eindeutige Verhältnisse, damit Unsicherheiten vermieden werden, die zu Kompetenzstreitigkeiten führen. Die die Zuständigkeit ändernden Umstände müssen daher aus der Sicht der betroffenen Finanzämter zweifelsfrei feststehen.
Davon ausgehend ist im Streitfall die Zuständigkeit des Finanzamt für die Durchführung der Außenprüfung und damit auch für das Mitwirkungsverlangen sowie die Festsetzung des Verzögerungsgelds nicht auf das Finanzamt F übergegangen, da eine Veränderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände für die beteiligten Finanzämter nicht zweifelsfrei feststand. Zwar will die Klägerin nach eigenen Angaben den Ort der Geschäftsleitung im zeitlichen Zusammenhang mit dem Rechtsformwechsel am 20.06.2009 in die B-Straße 45 in F und damit in den Bezirk des Finanzamt F verlegt haben. Das Finanzamt F hielt es aber auf Grund von Ortsbesuchen im Rahmen einer Umsatzsteuer-Nachschau für unwahrscheinlich, dass die Klägerin ihre Geschäftsleitung tatsächlich an den besagten Ort verlegt hatte und lehnte deshalb die Übernahme der Akten ab.
Die dadurch begründeten Zweifel an den die Zuständigkeit ändernden Umständen sind derart gewichtig, dass sie einem Zuständigkeitswechsel i.S. des § 26 AO entgegenstehen, ohne dass es der Klärung bedarf, ob die Geschäftsleitung tatsächlich in den Bezirk des Finanzamt F verlegt worden ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 24. April 14 – IV R 25/11
Image may be NSFW.Clik here to view.
